Rat und Parlament der Europäischen Union haben sich gestern auf neue Regeln für den Datenaustausch zwischen europäischen Polizeibehörden geeinigt. Damit dürfen die Behörden in Zukunft Gesichtsbilder und Polizeiakten automatisiert austauschen. Biometrische Daten sollen über einen zentralen Knotenpunkt schneller weitergeleitet werden können. Außerdem wird Europol in das Regelwerk aufgenommen.
Die Reform läuft unter dem Namen „Prüm II“. Den Vertrag von Prüm schlossen sieben EU-Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, im Jahr 2005. Seitdem sind noch sechs weitere EU-Staaten beigetreten, Großbritannien und andere EU-nahe Staaten sind beteiligt. Sie erlauben den Polizeibehörden der unterzeichnenden Staaten den Zugriff auf manche ihrer jeweiligen Datenbanken, etwa zu DNA und Fingerabdrücken.
Jetzt mit Europol
Die Kommission hatte schon 2021 einen Vorschlag vorgelegt, mit dem die Regeln des Vertrags modernisiert und die enthaltenen Genehmigungen ausgeweitet werden sollten. Die Kommission wollte so mehr Daten aus nationalen Datenbanken und von Europol zum Teilen freigeben. Behörden sollten auch besser informiert werden, wenn in anderen Mitgliedstaaten Informationen vorhanden wären.
Der Vorschlag sollte auch den Prozess vereinfachen, mit dem die Behörden auf die eigentlichen Daten zugreifen können: Wenn eine Suchanfrage einen Treffer findet, bekommt die suchende Polizei unter Prüm eine Bestätigung und einige Kerndaten. Für den vollen Datensatz muss sie dann bei der anderen Behörde förmlich Rechtshilfe beantragen. Ob diese Rechtshilfe gestattet wird, hängt von den nationalen Gesetzen in dem Land ab, in dem die Daten vorliegen. Die Kommission wollte hier ein gemeinsames Regelwerk einführen.
Schließlich sollte auch Europol, die europäische Polizeibehörde, in den Prüm-Rahmen eingefügt werden. Die Behörde soll auf nationale Datenbanken zugreifen und auch die verschiedenen Suchnetzwerke nutzen können: mit biometrischen Daten durch den geplanten zentralen Knotenpunkt, mit Fahrzeugmeldedaten durch das Eucaris-Netzwerk und mit Polizeiakten durch das neue europäische System für Kriminalakten, EPRIS. Wenn Europol durch solche Suchen Daten findet, müssen Mitgliedstaaten innerhalb von 24 Stunden entscheiden, ob sie diese zur Verfügung stellen.
Text ist noch nicht öffentlich
An dem Vorhaben gab es Kritik aus verschiedenen Richtungen, etwa vom Europäischen Datenschutzbeauftragten oder vom Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss. Sie bemängelten etwa neue Verpflichtungen: Laut dem Entwurf der Kommission für die Reform müssen Mitgliedstaaten eine Datenbank für Gesichtsbilder einrichten, auch wenn sie noch keine haben. Auch das geplante europäische System für Kriminalakten sah der Ausschuss kritisch, weil in einem Land Verdächtigte in einem anderen Land im Strafregister landen könnten. Es brauche deshalb gemeinsame Kriterien für Straftaten.
Ob und wie genau das neue Regelwerk diese Empfehlungen in Betracht zieht, ist noch schwer zu sagen: Das fertige Dokument ist noch nicht veröffentlicht. Das liegt daran, dass es das Ergebnis einer Trilogverhandlung ist, mit der EU-Gesetzgebungsverfahren normalerweise enden. Die sind im Vergleich zu der Entscheidungsfindung bei Kommission, Rat und Parlament sehr intransparent. Die Institutionen sträuben sich seit längerem dagegen, mehr Dokumente zu laufenden Verhandlungen herauszugeben und damit besser über deren Stand zu informieren. Die EU-Ombudsfrau warf dem Parlament im August deswegen sogar „Misswirtschaft“ vor.
Die zentralen Punkte des Kommissionvorschlags übernimmt der fertige Text auf jeden Fall. Dafür gibt es mindestens einen Fan: EU-Innenkommissarin Ylva Johannson. „Das schnelle Teilen von Informationen ist für Ermittlungen zu kriminellen Aktivitäten extrem wichtig“, sagte sie zu dem Kompromiss. „Wir erhöhen so die innere Sicherheit der EU und bewahren gleichzeitig die Bewegungsfreiheit.“
Immer wieder kommt aber diese eine Frage auf: Wie wird sichergestellt, daß Akten von bspw. Unschuldigen, die einmal länderübergreifend ausgetauscht wurden, auch verläßlich länderübergreifend gelöscht werden? Wer ist dafür zuständig und wie wird das sichergestellt?
Garnicht, keiner, will man nicht. Das war einfach.
Naja, Bayern will Hausdurchsuchung in Berlin, z.B. bei jüngster Generation oder was nicht wer. Hat das letzte mal doch gut geklappt.
Frage ist, ob es da nicht doch mal konzeptionelle Probleme gibt, wenn das Rechtsstaatsverständnis zwichen zwei Bundesländern mal zu weit divergieren sollte.